Was wäre besser zum Trainieren als ein original Jakobsweg? Und ich habe das Glück diese Möglichkeit zu haben. Es gibt hier den Camino de Madrid, der allerdings weitaus nicht so bekannt ist, wie der Camino Francés, welchen ich Ende Mai in Angriff nehmen möchte. Mehr Infos hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Camino_de_Madrid
Mit Training meine ich nicht nur das Fahrrad fahren, sondern auch die Mentalität muss trainiert werden. Von meinem Zuhause bis zum Jakobsweg sind es ca. 4km. Man fährt durch bebautes, zivilisiertes Gebiet. Und dies ändert sich drastig mit Betreten des Caminos. Allein, allein.
Die Wegbeschaffenheit? Natur pur. Geröll, Gestein, Äste und Wurzeln. Die Wege sind gezeichnet durch ausgetrocknete Wasserfurchen. Stellenweise knöcheltiefer Sand – sogenannte Pferdewege. Also das Fahren ist keineswegs zu vergleichen mit einer asphaltierten Strecke.
Man ist abgelenkt durch die Natur, die wunderschöne Natur.
Was ich jetzt auch unbedingt üben muss, was überhaupt nicht unwichtig ist, ist das erkennen und finden und vor allem sehen von Zeichen. Mehrfach bin ich an einer Kreuzung hin und her gefahren, wie ein aufgescheuchtes Huhn, und habe einen gelben Pfeil oder eine Jakobsmuschel gesucht. Man muss stellenweise schon sehr genau hinschauen. Ansonsten kann es natürlich passieren, dass Du so Lalalala deines Weges fährst, um nach einigen Kilometern zu merken, dass überhaupt kein Zeichen mehr kommt. Da guckst du!
Aber trotz der Natur, die einen natürlich ablenkt, merke ich, dass die Gedanken ganz schnell weg schweifen. Ich meine, du befindest dich hier wirklich in der Einöde. Hier ist sonst nichts. Es wäre doch mal zu überlegen, ob man hier nicht einen Spätkauf aufmachen möchte. Zumindest mir würde so eine Location ein Stück der zurückgelassenen Zivilisation wiedergeben. Wenn du so durch die Einöde fährst, gibt es für mich zwei große Ängste: Erstens, dass du von einer Person angesprochen wirst, von der du nicht angesprochen werden willst, da sie eine kriminelle Aura von 3 km hinter sich her zieht.
Zweitens, eine Panne. Letzteres wird mit Sicherheit passieren – wo und wann? Vielleicht sollte ich doch meine Glaskugel mit auf die Reise nehmen.
Also ich fahre so vor mich hin auf dem Camino de Madrid und sehe am Horizont ein idyllisches Bild – zwei Reiter mit ihren Pferden und dazu noch zwei Hunde. Wunderschön und wir kommen gemächlich einander näher. In Hörweite grüßen mich die Herren freundlich. Ich grüße zurück mit einem „Hola“ – einem ganz normalen „Hola“, woraufhin das eine Pferd spontan ausbricht – und jetzt ratet mal in welche Richtung. Ich entschuldige mich hier an dieser Stelle schon mal, in aller Form, bei allen Reitern, welche ich nämlich zukünftig auf dem Jakobsweg mit Sicherheit nicht mehr grüßen werde. Da hast Du eine deiner ersten Begegnungen – rechts und links und vorne und hinten kilometerweit Platz – und da kommt so ein Gaul auf Dich zu? Vielleicht sollte ich das oben bei den Ängsten unter „Drittens“ noch einfügen ……
Der Weg führt hier und da durch kleine, zivile Ansiedlungen von max. 4 Häusern. Für meine weitere Gesundheit hoffe ich auch, dass alle Grundstücke, an denen ich vorbei kommen werde und von einem Hund bewacht werden, komplett eingefriedet sind. Bitte, bitte – keine Lücke im Zaun – bitte. Diese Hunde bekommen nicht allzu oft neue Gesichter zu sehen und sind wahrscheinlich genauso scharf auf die Bekanntschaft mit mir, wie ich mit ihnen. Stimmt, das wäre dann „Viertens“.
Soviel zur heutigen Trainingseinheit. Ich kann euch schon soviel verraten – morgen wird´s spannend – für mich. 80km stehen auf dem Programm inkl. Bergstrecke; und damit meine ich keinen Hügel, sondern es geht in die Berge. Also, falls ich morgen Abend noch Kraft habe, werde ich berichten …..
wunderbar!
Ich wünsche dir, das alles gut geht auf denen Wegen… anstrengend wird es ganz bestimmt!
LG, Petra
Danke für die lieben Wünsche. Ich freue mich schon sehr und habe auch genügend Zeit eingeplant. Wenn es mir an einem Ort gefällt, möchte ich auch ein bisschen verweilen können. Ansonsten hat man nur die Kilometerleistung und die Uhr im Kopf – das habe ich nicht vor. Und natürlich will ich auch für euch ganz viele Eindrücke sammeln.
Das wir sicher ein einmaliges Erlebnis. Wie gut, daß Du Dir Zeit nehmen kannst, es wird Dir sicher viel bringen.
LG, Petra
Im Sand stell ich mir kraftaufwändig vor. Das mit den diversen Ängsten kann ich gut verstehen. Also du und deine Ängste, ihr werdet einander vermutlich begegnen.
Deswegen habe ich mich für den Camino Francés entschieden – der ist hoch frequentiert. Da habe ich bestimmt weniger Angst als auf dem Camino Madrid, welcher wirklich sehr vereinsamt ist. Im Sand zu fahren ist spaßlos – da kommt man zu Fuss schneller voran.
Ja, eben, Sand bremst total.
Mit sich allein zu sein kann heilsam sein, aber die eigenen Grenzen kennen ist auch wichtig und sich nicht überfordern.